Donnerstag, 1. August 2024

[Gelesen] "Ahead of the Curve" von Jenny Rushmore (Cashmerette) plus: Kersoe Top

Dieser Beitrag ist zweiteilig: Ich beginne mit einer Review zum Buch "Ahead of the Curve", einem englischen Nähbuch über Schnittanpassung, das fünf Schnittmuster enthält, und schreibe weiter unten über das Kersoe Top, das ich daraus genäht habe:

 
Jenny Rushmore: Ahead of the Curve

Ich bin ja ein großer Fan der Cashmerette-Schnittmuster (genau wie das Buch sind sie auf Englisch, wie der Titel schon verrät). Von Jenny Rushmore gibt es mittlerweile zwei Bücher - im ersten, "Ahead of the Curve", geht es um Schnittanpassungen, das zweite, "Sewing the Curve",  ist an Nähanfänger gerichtet und erklärt die Grundlagen des Nähens. Beide enthalten außerdem 5-6 sehr alltagstaugliche (d.h. eher schlichte) Schnittmuster.

Zu den Schnittmustern schreibe ich weiter unten mehr, wenn ich die Teile zeige, die ich bereits genäht habe. Hier nur so viel: Es sind die Größen 44-64 enthalten (also leider keine kleinen Größen), jeweils mit den Cupgrößen C-H.

Was direkt auffällt: Das Buch ist sehr bunt! Der vordere Schnitt und die Seitenränder sind je nach Kapitel in verschiedenen Farben gehalten, sodass man sich leicht zurechtfindet und sehr gezielt z.B. das Kapitel mit den Brust-Anpassungen aufschlagen kann. Das ist etwas, das mir etwa beim Burda-Nähbuch fehlt, da muss ich viel länger suchen.

Vorne drauf ist übrigens das Honeybourne Dress.

Im Buch geht es zunächst um die Grundlagen der Schnittanpassung, zum Beispiel Größenwahl und Umgang mit Probeteilen.
Danach werden nach Körperzone sortiert "Problemstellen" präsentiert - mit Vorher-Nachher-Fotos! Übrigens anhand genau der im Buch enthaltenen Schnittmuster, ein schönes Gesamtpaket. Und auch sehr praktisch, denn so kann man direkt gucken, ob für das gerade genähte Teil ein Foto von exakt dem an sich selbst vorhandenen Problem an exakt dem Kleidungsstück, das man gerade näht, vorhanden ist!
Neben den Fotos gibt es eine Beschreibung der typischen Passformprobleme. Die typischen Probleme sind abgedeckt, aber das Buch geht nicht extrem ins Detail (bei der Zone "Arme" wird die Anpassung für starke Oberarme und für einen klaffenden Armausschnitt behandelt, aber nicht die Tiefe des Armausschnitts oder die Höhe der Armkugel).

Die notwendige Änderung wird anhand von sehr klaren und verständlichen Zeichnungen dargestellt. Ich bin allerdings kein Anfänger, was Schnittanpassung betrifft, und kann daher nicht beurteilen, wie gut die Anleitungen für in diesem Bereich völlig Unerfahrene ist.

Ein Blick ins Buch mit den farbigen Kapitelmarkierungen.

Aufgelockert wird das Buch durch Interviews mit den Models (Normalo-Hobbynäherinnen mit Plus Size-Figur) und durch einen sehr natürlichen und informellen Schreibstil. Dafür, dass es ein Sachbuch über ein eigentlich trockenes Thema ist, liest es sich wirklich gut!

Am Schluss findet man die Anleitungen für die enthaltenen Schnittmuster. Auch die Anleitungen sind mit (sehr klaren) Skizzen, nicht mit Fotos bebildert. Für mich sind solche Zeichnungen meist verständlicher als Fotos und ich bin mit gut damit klargekommen. Aber auch hier: Ich bin keine Anfängerin.

Die Schnittmusterbögen liegen in einer separaten flachen Schachtel bei, die mit dem Buch fest verklebt ist. Hat den Vorteil, dass sie weniger leicht verloren gehen, aber es macht das Buch unhandlich.
Bei einem Buch zum Thema Schnittanpassung finde ich eine Ringbindung wie beim Burda-Grundlagenbuch auch deutlich praktischer - nach etwas Überzeugungskraft bleibt das Cashmerette-Buch auch offen liegen, aber die Bindung wird auf Dauer dadurch mehr beansprucht.
Übrigens: Das Buch ist auch als Ebook erhältlich, dann kann man die Schnittmuster herunterladen anstatt sie abzupausen. 

Die Schnittmusterbögen sind etwas schwieriger als Einzelschnittmuster, aber gut nutzbar.

Die Bögen bestehen aus festem Papier und zweifarbig. Da die Schnittmuster überlappen und die Bögen beidseitig bedruckt sind, kommt man ums Abpausen nicht drumherum, aber sie sind sehr übersichtlich und die Größenlinien klar unterscheidbar.

An Schnittmustern sind enthalten: 

  • Trägertop "Kersoe" aus Webware
  • Kleid "Honeybourne" aus Webware mit Abnähern, Dreiviertelärmeln und weitem, angekräuseltem Rock
  • Raglan-T-Shirt "Stanway"
  • Jerseykleid "Foxhill" mit durchgängigen Teilungsnähten, schmalem Rockteil und Kappärmeln
  • Webware-Hose "Magna"mit schmalem Bein und elastischem Bund

Die Kleidungsstücke sind relativ schlicht, aber damit sehr alltagstauglich - und mit Stoffwahl und selbst hinzugefügten Details kann man viel variieren! Ich habe jetzt bereits alle Teile aus dem Buch genäht bis auf die Hose, und die ist schon in Planung ...

Fazit: 
Ein schön aufgemachtes und angenehm lesbares Schnittanpassungsbuch mit gut verständlichen Skizzen - als Bonus gibt es eine Handvoll Schnittmuster für kurvige Frauen, mit denen bestimmt die meisten etwas anfangen können.
Klare Empfehlung für alle, die nicht vor englischen Büchern zurückschrecken!

Und jetzt zeige ich eins der Teile, die ich aus dem Buch schon genäht habe:

Kersoe Top

Eigentlich nähe ich ja am liebsten Kleider. Aber die sind nicht immer praktisch und wenn es warm ist, sind Shorts und Tanktop eine schöne Alternative. Statt Jerseyshirts möchte ich aber öfter Tops oder Blusen aus Webware tragen, weil das "angezogener" und weniger nach Sportplatz aussieht. 


Das Kersoe Top sprach mich direkt an, weil es locker geschnitten ist - ich habe im letzten Jahr ein paar Kilo zugenommen und fühle mich daher in enger Kleidung momentan nicht so wohl.
Das Top hat Abnäher, ursprünglich vorne und hinten einen V-Ausschnitt und ist eigentlich bis hinunter zur Taille gefüttert. 

Weil ich sehr unsicher bei der Größenwahl war, habe ich einen günstigen Probestoff erworben oder eher zwei: Eine navyblaue Viskosepopeline mit kleinen "Kernchen" (passenderweise heißt er "Seeds"), in zwei 50 cm-Stücken als Reststücke.
Eigentlich ist der Stoffbedarf aufgrund des Futters viel höher als 1 m, aber ich habe das Futter zu Belegen verkleinert. Hat natürlich den Nachteil, dass sich bei dünnen Stoffen der Beleg durchdrücken kann.


Um den Halbmeterstücken gerecht zu werden, habe ich aus der Not eine Tugend gemacht und den gleichen Trick wie beim Kranichtop angewendet und die Abnäher in einer Teilungsnaht verschwinden lassen.
Das hat gleich zwei Vorteile:
1. Man spart sich das Nähen der Abnäherspitze, die gerade bei feinen Stoffen schwierig ist.
2. Das Top wird auf zwei kleinere Teile aufgeteilt, die prima auf die 50 cm passen. Und für die Belege hat's auch noch gereicht!

Die Abnäher "verschwinden" zu lassen, ist prinzipiell simpel. Man verbindet die Abnäherspitzen mit einer geraden Linie - oder welche Form auch immer man haben will: Geschwungen geht auch, aber man sollte aufpassen, dass sich die Linie harmonisch aus dem unteren Abnäherwinkel ergibt. Jetzt schneidet man die Abnäher aus und die Linie durch. Fertig!
Wenn man aus Resteverwertungsgründen auch hinten eine Teilungsnaht will, sollte man die Seitennähte aufeinanderlegen und auf dem Rückenteil markieren, wo die Teilung vorne beginnt. Bei diesem Top habe ich auf diese Abstimmung verzichtet, weil ich den oberen Teil möglichst klein halten wollte - dadurch hatte ich mehr Stoff für die Belege übrig.


Weitere Änderungen:
Es sind 2,5 cm Saumzugabe enthalten - mir war das Top noch etwas zu lang, ich habe dann 2 cm abgeschnitten umd 4 cm Saumzugabe benutzt, also insgesamt 3,5 cm gekürzt.
Außerdem habe ich den Halsausschnitt nur mit 6 mm Nahtzugabe genäht statt mit 12, um die Träger ein bisschen breiter zu halten. Ich hoffe, dass dadurch die BH-Träger verdeckter sind.
Ach ja, und ich mag V-Ausschnitte am Rücken nicht so, deshalb habe ich dort einfach einen normalen Rundhalsausschnitt eingezeichnet.

Und ich muss sagen, ich bin doch sehr zufrieden mit dem Top! Es fällt locker, aber nicht zu sackartig, das Kernchenmuster mag ich sehr und es trägt sich angenehm. Was will man noch mehr?

Schnitt: Top "Kersoe" aus dem Buch "Ahead of the Curve von Jenny Rushmore, Gr. 12 E/F (?)
Material: Viskose-Popeline "Seeds" in navyblau über lidani.net
Änderungen: Top um 3,5 cm gekürzt, Abnäher in Teilungsnaht verschwinden lassen, hinteren Halsausschnitt höher gezogen, Halsausschnitt um 6 mm weiter nach innen gezogen
Nachnähpotential: Vorhanden, der Schnitt gefällt mir gut!

Verlinkt bei Du für dich am Donnerstag.

Lg
Nria

2 Kommentare:

  1. Dein benähtes Top aus Webware gefällt mir sehr, sieht es doch wirklich „angezogener“ aus, um deine Worte aufzugreifen. Toll, wenn man so gut nähen kann, dass man einen Schnitt einfach umfummelt, um mit (eigentlich) zu wenig Stoff zurechtzukommen.
    LG, Monika (aka Lilamalerie)

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  2. Herzlichen Glückwunsch zu Ihren Fähigkeiten! Die Bluse ist sehr schön genäht. Ich trage solche Kleidung gerne im Sommer, weil ich mich dann richtig wohl fühle. Dann sind meine geliebten Kaschmir-T-Shirts perfekt :)

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