Mittwoch, 6. September 2023

Neuer Larpcharakter: Schwester Myrthe - eine ceridische Nonne

Fürs Epic Empires im letzten Jahr wollte ich einen neuen Larp-Charakter - mir ist im August einfach zu warm, vor allem bei 5-tägigen Zeltveranstaltungen. Ich wollte keine Perücke mehr, keine Rüstung, keine enge Kleidung (tschüss, Spätmittelalter-Mode!), und möglichst viel bedeckte Haut als Sonnenschutz auch in Nacken und Ausschnitt. Meine Idee war also: Eine ceridische* Nonne.

Es begrüßt euch Schwester Myrthe!

Ich habe mich für den cerdischen Lukretianerinnen-Orden entschieden, deren Mitglieder laut LarpWiki Schwarz für die höheren oder Beige für die niedrigeren Ränge tragen. Ich wollte nicht gleich als Äbtissin anfangen, Beige finde ich aber großflächig eher fade, als Kompromiss habe ich mich daher für eine weiße Nonnenrobe als Basis mit einem Skapulier in Beige entschieden. Um die Lager-Farben des Pilgerlagers aufzugreifen, kombiniere ich Seilgürtel in blau und gelb dazu.

Der Plan.

Mein Plan also: Ich brauche eine Nonnenrobe. Aus weißem Leinen und mit schönen weiten luftigen Ärmeln. Drüber ein Skapulier in beige mit dem Ordenssymbol, dazu ein Schleier.

Fangen wir beim Untergewand an:
Nachdem ich den Leinenstoff für die Robe gekauft hatte, habe ich zusätzlich erstmal noch eine Chemise (ein mittelalterliches Unterhemd) für drunter genäht - der Oberstoff wäre mir sonst zu durchscheinend.

Links: Chemise - rechts: Chemise und Robe

Da man bei neuen Charakteren ja erstmal ausprobieren muss, ob man länger Spaß dran haben könnte, wollte ich nicht nochmal mehrere Meter Leinen für eine Wechsel-Robe kaufen - ich habe ja schon drei mittelalterliche Unterkleider, nur eben mit engen Ärmeln. Lange enge Ärmel sind mir bei Hitze unerträglich und weite Ärmel sehen auch einfach klerikaler aus - meine Lösung also: Ich habe die Ärmelnähte eines vorhandenen Kleids aufgetrennt, Keile eingesetzt und auf diese Weise enge Ärmel in weite Ärmel verwandelt.

Abrakadabra, weite Ärmel!

Kommen wir zu den Details:

Seit Nria und ich larpen, haben wir das Problem, das wir von anderen Teilnehmern verwechselt werden, selbst, wenn wir völlig unterschiedliche Kostüme tragen. Das nervt, und deshalb überlegen wir immer gut, wie wir uns voneinander absetzen können. Diesmal ist meine Entscheidung auf etwas gefallen, was ich schon lange mal ausprobieren wollte: Eine Monobraue! Mit feinem Augenbrauenstift aufmalen geht ratz-fatz und gibt dem Charakter eindeutig Wiedererkennungswert.


Für den Schleier und die Rise (das ist ein rechteckiges Tuch, was unterm Kinn getragen wird und Hals und Dekolleté bedeckt) habe ich ein halbtransparentes Leinen-Poly-Mischgewebe verwendet und es mit Viskose gedoppelt, damit es 1. vor der Sonne schützt und 2. meine dunklen Haare nicht durchschimmern.
Drunter trage ich ein Gebende (zwei Leinenstreifen um Kopf, Kinn und Nacken), werde mir aber noch eine St. Birgittas-Cap als Ersatz dafür nähen, weil die Rutschfestigkeit vom Gebende mich nicht überzeugt hat. Und drüber kommt dann das halbkreisförmige Schleiertuch.
Alle Teile, Gebende, Rise und Schleier, werden mit Nadeln Stoff auf Stoff festgesteckt.

Gebende und Rise - darüber wird der Schleier getragen

Bei Hochsommerwetter kann man über dem Schleier auch prima noch einen Strohhut als Sonnenschutz tragen, den hatte ich schon da.
 

Über der Robe trage ich ein Skapulier (das ist einfach ein langes Rechteck mit Halsausschnitt) in Beige mit dem Ordenssymbol, einem Lilienkreuz mit Rose in der Mitte. Irgendwo muss ich mich vermessen haben, das Skapulier ist mir viel zu kurz geraten - deshalb habe ich in der Mitte nochmal ein Stück eingesetzt. Fällt zum Glück kaum auf.
Seilgürtel sind immer so richtig schön mönchisch; ich habe gleich zwei gemacht mit jeweils drei Franziskanerknoten.
Da das Lukrezianerinnen-Rosenkreuz etwas untypisch ist (das Symbol des Ceridentums ist ein Augenkreuz und die sonstigen Ordenssymbole haben alle irgendwo dieses Auge), trage ich noch eine Augenkreuz-Kette zum Kostüm. Die habt ihr schon bei einem 7-Sachen-Post gesehn.

Details - inzwischen hat das Lilienkreuz noch ein Loch fürs Band bekommen

Für kühle Abende oder nasse Veranstaltungen habe ich dazu noch eine Gugel genäht, aus Wollstoff mit Leinenfutter. Auch die ist erstmal erstmal zu kurz geraten (was war denn los bei diesem Kostüm?!) und deshalb mit angesetzter Verlängerung. Außerdem handgemachte Stoffknöpfe (dazu empfehle ich diese Anleitung auf wh1350.at ) und handgenähte Knopflöcher.

Das Kostüm mit und ohne Gugel

Mittlerweile habe ich das Kostüm auf zwei Veranstaltungen getragen und bin sehr zufrieden. Die Robe habe ich noch etwas gekürzt, das Gebende wird durch eine Haube ersetzt (dazu folgt demnächst ein weiterer Post) und für alle Wetter-Fälle habe ich noch eine Wollrobe ergänzt. 

Erster Einsatz von Schwester Myrthe auf dem Epic Empires 2022

Eine schöne Zeit wünscht
Hana

[Verlinkt beim MeMadeMittwoch]

*) Für alle, die sich fragen, was "ceridisch" bedeutet: Das Ceridentum ist eine fiktive Larp-Religion, die im Spiel einen Ersatz fürs Christentum darstellen soll - d.h. Konzept, Optik und Riten sollen ein vage christliches Gefühl ergeben und besonders gut zu historischen Konzepten passen, für die "Fantasy-Drachengott Yrpohsumpl" zu abgefahren ist.
Der Vorteil gegenüber Christentum als Religion im Spiel: Finstere Gestalten können prima die Religion eines Ceriden-Charakters beleidigen, ohne dass sich daneben ein christlicher Spieler unbehaglich fühlt, außerdem ist vielleicht nicht jedem wohl dabei, christliche Riten als Spiel durchzuführen und man fühlt sich auch weniger an eine mögliche reale Beerdigung von Oma Trude letzte Woche erinnert, wenn eine gespielte Beerdigung auf einem Larp nach ceridischem statt christlichem Brauchtum durchgeführt wird.

5 Kommentare:

  1. Wie spannend, den Entwicklungsprozess zu sehen und für mich als Nicht-LARPerin noch Wissen über das Ceridentum zu bekommen. Das finde ich einen wirklich bedachten, rücksichtsvollen Umgang mit Religion.

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  2. Ach wie toll, da hab ich gleich noch wieder was gelernt. Diese langen Gewänder früher waren mit ihren Schichten vielleicht etwas warm beim Tragen aber angesichts der begrenzten Möglichkeiten beim Nähen, neu beschaffen und Waschen auch echt tolle Alleskönner, weil man verschieden aufwändige Oberteile/skapulier zum schlichten Grundkleid/Robe wählen konnte. Toll schaust Du aus!

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  3. Hej Hana,
    Jetzt bist du also unter die Nonnen gegangen 😁 das kostüm ist sehr durchdacht und toll gearbeitet. Schön mal alles so genau erklärt zu bekommen. Steht dir super...Hab noch ein schönes Wochenende und ganz liebe Grüße aus Dänemark, Ulrike :0)

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  4. Sehr spannend wie du den entwicklungsprozess schilderst, und einen interessanten Einblick in diese Scene gibst. Ein tolles ewand hast du gestaltet. LG Jeanette

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  5. Ganz herzlichen Dank für deinen Beitrag. Von deiner Kleidung bin ich richtig begeistert, perfekt bis ins kleinste Detail.
    Ich liebe das Mittelalter und finde deine Erklärungen sehr spannend.

    LG, Heike

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