Mittwoch, 26. April 2023

Unser Vergleich: Ebooks vs. Zeitschriften vs. Einzelschnittmuster

Als wir um die Jahrtausendwende mit dem Näh-Hobby angefangen haben, war die Auswahl an Schnittmustern eher begrenzt: Viel mehr Auswahl als Burda, Burda und Burda gab's nicht (okay, es gab auch Papierschnittmuster von "Neue Mode" mit trutschigen Zeichnungen). Immerhin konnte man sich zwischen Einzelschnittmustern und der Zeitschrift, damals noch „Burda Moden“ genannt, entscheiden! Klar, die großen amerikanischen Label gab es auch schon, aber das Internet war tatsächlich Neuland und an McCall's, Vogue und Simplicity nicht ganz so leicht ranzukommen wie heute.


Mittlerweile ist das Angebot kaum noch überschaubar. Ein sehr großer Teil der Nähanfänger lernt heute wohl mit Ebooks nähen, oft sogar mit Video-Anleitung. Davon konnten wir damals nur träumen.

Aber wie alles im Leben hat jede Form des Schnittmusters Vor- und Nachteile. Ja, auch die vielgelobten Ebooks ...

Natürlich sind die Produkte einzelner Hersteller sehr unterschiedlich (auch wenn sie jeweils Gemeinsamkeiten haben). Ich gehe daher nicht auf inkludierte Nahtzugabe etc. ein – zum Vergleich einzelner Zeitschriften miteinander empfehle ich unseren großen Nähzeitschriften-Vergleich!

Vielleicht folgt auch noch ein Vergleich verschiedener Papierschnittmuster-Hersteller. Bei Ebooks sind es zuviele Anbieter; da verweise ich auf unsere Angaben in einzelnen Beiträgen zu Schnittmustern, die wir verwendet haben :)

Außerdem noch ein Hinweis: Ich pause alle Schnittmuster ab, auch die gedruckten PDFs (außer bei Taschen). Weil es sehr ärgerlich ist, wenn man sich in der Größe vergreift oder zu-/abnimmt und dann 60 Seiten neu drucken und kleben muss … daher geben sich die verschiedenen Schnittmusterformen in dieser Hinsicht für mich persönlich in dieser Hinsicht nichts.

Ebooks

Ebook-Schnittmuster - wer nähen will, muss kleben

Vorteile:

  • Durch Sonderangebote manchmal günstig zu bekommen; Pattydoo ist regulär sehr günstig (Pattydoo ist hier aber die Ausnahme. I.d.R. kostet ein Ebook nicht viel weniger als ein Papierschnitt und gerade ausländische Ebooks kosten auch gerne mal um die 20 €)
  • Jederzeit zu erwerben (z.B. wenn man sonntags spontan einen neuen Schnitt möchte), sofortiger Download nach Kauf möglich (je nach Zahlungsart)
  • I.d.R. sehr ausführliche bebilderte Anleitung (kann auch nachteilig sein, s.u.)
  • Oft gibt es schon in der Anleitung viele Fotos von fertigen Modellen zu sehen 
  • Beliebt in der Nähszene, weshalb man leicht Nähbeispiele findet - vielleicht auch von jemandem mit ähnlicher Figur wie die eigene
  • Äußerst platzsparend, wenn noch NICHT gedruckt
  • Bei Nichtgefallen schnell loszuwerden: Einfach löschen (das klingt trivial, aber ich werfe  Zeitschriften/Papierschnittmuster ungern in den Müll und muss sie dann mühsam loswerden)
  • Vorteil für Anfänger: In den meisten Fällen sind eBook-Schnitte sehr einfache Anfänger-Kleidungsstücke

Nachteile:
  • Zusatzkosten durchs Drucken (gerade bei großen Kleidungsstücken summiert sich die Seitenzahl) oder Plotten. Inzwischen werden auch Beamer genutzt, die aber ebenfalls viel Geld kosten, wenn man nicht zufällig schon einen rumliegen hat, und Nachteile haben.
  • Oft keine technische Zeichnung vorhanden
  • Nicht immer gut konstruiert (viele Anbieter sind Laien!)
  • Aus dem gleichen Grund: Sehr unterschiedliche Qualität der Anleitungen, von fehlerhaft/dürftig bis großartig. Möglichst vorm Kauf genau informieren! 
  • Manchmal sehr schlechte Fotos, z.B. überbelichtet oder stark gemusterter Stoff - da wären Zeichnungen leichter zu erkennen
  • Zeitaufwändiges Zusammenkleben (aber für Extrakosten ist mittlerweile oft Plottenlassen möglich - achtet darauf, ob eine A0-Datei enthalten ist!)
  • Braucht viel Platz zum Verstauen, sobald gedruckt – besonders größere/komplexe Teile sind sehr voluminös! 
  • Bis auf Ausnahmen (Pattydoo, Sonderangebote) gar nicht so günstig (Zeitschriften sind pro Schnitt sehr viel günstiger) - und dazu kommen Druckkosten, Papier, Strom, Klebematerial
  • Kein Weiterverkauf erlaubt, auch keine kostenlose Weitergabe, auch nicht bei Gratis-Schnitten
  • Man muss sie sichern. Manche Schnittmuster sind nur 1-3x oder nur für eine begrenzte Zeit downloadbar (oder der Shop schließt) und wenn das Endgerät kaputtgeht, sind sie ggf. einfach weg.
  • Bei Schnittmustern mit reiner Video-Anleitung: Wenn das Internet ausfällt, man keinen Empfang hat oder das Endgerät kaputtgeht, steht man vorerst ohne Anleitung da. Passiert nicht so oft, ist aber dann ärgerlich.
  • Ausführliche Anleitungen sind für Anfänger attraktiv, für Fortgeschrittene aber lästig: Wer schonmal auf 70 Anleitungs-Seiten die eine Stelle gesucht, für die er Hilfe benötigt, wünscht sich doch schonmal die knappe Burda-Beschreibung herbei


Zeitschriften 

Schnittmusterzeitschriften - ohne Abpausen geht's nicht

Vorteile:

  • Sehr viele Schnittmuster für sehr wenig Geld pro Schnitt
  • Man hat schon mit wenigen Ausgaben viel Auswahl zu Hause, ohne neue Schnittmuster kaufen zu müssen
  • Man entdeckt oft später Modelle, die man nähen möchte – quasi kostenlose neue Schnittmuster! Manchmal nähe ich 15 Jahre später einen Schnitt, der mir beim Kauf noch nicht aufgefallen ist.
  • Mit Seidenpapier abgepauste Schnittmuster sind platzsparend unterzubringen
  • I.d.R. professionell (also von ausgebildeten Schnittdirektricen) konstruiert
  • Technische Zeichnung
  • Darf man weiterverkaufen
  • Man kann sich einfach eine Übersicht über seine Schnittmuster verschaffen, indem man die Schnittübersicht kopiert und abheftet (ohne einzelne Ebooks öffnen zu müssen)
  • Praktisch für Fortgeschrittene, weil nicht alles bis ins kleinste Detail beschrieben ist, sondern man die wesentlichen Punkte direkt im Blick hat

    Anleitungen in Schnittzeitschriften sind oft knapp und in Fachsprache verfasst
Nachteile:
  • Zeitaufwändiges Abpausen (außer bei Burda easy), Schnittbögen manchmal unübersichtlich
  • Manchmal weniger ausführliche Anleitungen (oft hilft aber ein Grundlagenbuch weiter, das z.B. bebilderte Anleitungen für Reißverschlüsse, Taschen, Kragen usw. enthält)
  • Meist zeitlich befristet erhältlich (auch wenn man sie online oder gebraucht ggf. noch nachkaufen kann)
  • Weniger geeignet für absolute Anfänger (manche, wie die Burda easy, haben ausführliche Anleitungen, allerdings hat keine Zeitschrift so viel Platz dafür wie ein Ebook) 

Für detaillierte Informationen zu verschiedenen Schnittmusterzeitschriften schaut in unseren Nähzeitschriften-Vergleich im Überblick 


Einzelschnittmuster (Papier)

Einzelschnitte - hier kann man abpausen oder direkt ausschneiden

 Vorteile:

  • Einfaches Ausschneiden möglich - die schnellste Möglichkeit, ein Schnittmuster zu verwenden! (Achtung, manche sind überlappend bedruckt, das ist aber selten) Allerdings lässt sich dann natürlich nur eine Größe verwenden - ich pause daher immer ab.
  • I.d.R. professionell konstruiert (bei den klassischen Anbietern. In letzter Zeit veröffentlichen auch einige Laien-Indie-Hersteller ihre Schnittmuster auf Papier, also informieren vorm Kauf!)
  • I.d.R. ausführliche bebilderte Anleitung
  • Darf man weiterverkaufen (es gibt ggf. Ausnahmen)
  • Man kann sich recht einfach eine Übersicht über seine Schnittmuster verschaffen, ohne in Zeitschriften blättern oder Ebooks öffnen zu müssen

    Anleitungen von Einzelschnitten sind i.d.R. ausführlich und bebildert
Nachteile:
  • Ggf. teurer als Ebooks (vom gleichen Hersteller ist der Papierschnitt natürlich teurer als das entsprechende Ebook, aber viele Papierschnittmuster sind günstiger als die Ebooks anderer Hersteller), pro Schnitt deutlich teurer als Zeitschriften
  • Braucht Platz zur Aufbewahrung, auch wenn nicht verwendet 
  • Bei manchen Herstellern auf extrem dünnes, instabiles Papier gedruckt 


Alles hat Vor- und Nachteile und ich nutze diese drei Möglichkeiten gleichermaßen. Meine Papierschnittmuster verwende ich am seltensten, was aber einfach den Grund hat, dass ich meist nur ziemlich komplexe Schnittmuster auf Papier kaufe und mich dann vorm Nähen bzw. der Anpass-Arbeit drücke; mit der Schnittart hat das also gar nichts zu tun.

Welche Art von Schnittmustern verwendet ihr am liebsten?

Lg
Nria

6 Kommentare:

  1. Danke für die tolle Übersicht!
    Ich habe da tatsächlich eine Entwicklung durchgemacht, begonnen habe ich, wie so viele, mit Pattydoo. Die Schnitte mögen allerdings für Anfänger gut sein, doch ich kenne keine Ebook Designerin, die so viel Papier verschwendet. Heute habe ich keine Lust mehr für ein T-Shirt 50 Seiten zu drucken und dann minutenlang in dem Video nach den interessanten Stellen zu suchen. Dann bin ich auf EBooks von Indielabels umgestiegen, da dort die Anleitungen ausführlich waren und heute nähe ich am liebsten Burda. Da stimmen die Kosten an besten zum Nutzen aus meiner Sicht.
    Grüße, Tina

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    1. Ja, die versetzten Schnittteile bei Pattydoo nerven mich total! Natürlich sind dadurch die Umrisse der einzelnen Größen leichter zu finden, aber erstens braucht es unglaublich viel Platz und zweitens erschwert es das Nutzen von zwei Größen in einem Schnitt (und bei vielen Herstellern finde ich den Platz zwischen zwei Teilen viel zu groß). Die Methode, nicht alle Teile auf einen einzelnen Bogen zu setzen, sondern für viele Teile einen eigenen kleinen Bogen zu erstellen, finde ich allerdings gar nicht so schlecht, insbesondere, wenn der Schnitt Varianten hat - ich drucke z.B. gern die Kapuze nicht mit.

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  2. Ich bin auch ein Fan der Zeitschriften - gerne auch alte Ausgaben. Da habe ich mittlerweile eine Art Fundus, in dem ich immer wieder etwas passendes für ein Projekt finde.

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    1. Das ist einfach das Beste - man nimmt eine Ausgabe von 2006 und findet darin genau den Schnitt, den man braucht :D

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  3. Ich nähe ausschließlich nach Zeitschriften und Einzelschnittmustern - ich habe keinen Drucker, und selbst wenn, hätte ich keine Lust zu kleben. Plotten lassen wäre noch eine Alternative, hab ich aber noch nie gemacht.

    Von Pattydoo habe ich vor ein paar Tagen meinen ersten Schnitt gekauft (Hose Dana). Die "Anleitung" ist der Hinweis auf das Video, mit Timestamps und knapper Beschreibung was passiert. Gut, die Hose kriegt vermutlich auch ein blutiger Anfänger mit etwas gutem Willen ohne Video zusammen, aber kurios ist das schon, das ständige Internetverfügbarkeit so voraus gesetzt wird.

    Richtig blöd finde ich das bei Lotte&Ludwig: man kauft ein Papierschnittmuster, und muss die Anleitung dazu runterladen (und am besten ausdrucken, weil komplexes Teil). Was. Soll. Sowas.

    Liebe Grüße, ihr zwei!

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    1. Mir fehlt die schriftliche Anleitung bei Pattydoo auch - müsste ja nicht länger sein als die in den Burda-Heften (für 2,99 € zusätzlich eine so ausführliche Beschreibung mit Fotos wie bei anderen Ebooks zu erwarten wäre ja ´etwas viel verlangt). Aber für Anfänger sind Videos schon praktisch, und ich nutze sie gern für knifflige Stellen wie bestimmte Taschen oder den Knoten beim Gloria-Kleid, den ich auch als erfahrene Hobbyschneiderin selbst nach dem 4. Kleid nicht ohne Video hinkriege ...
      Dass die Anleitung ein separates Ebook ist, kenne ich auch von Anbietern wie Nautistore. Ich vermute, dass es einerseits ums Papiersparen geht, andererseits darf man den Schnitt dann eigentlich nicht weiterverkaufen, weil man digitale Anleitungen ja nicht besitzt.

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