Standesamtkleid: Finale! - WIP Teil 5

So, die Hochzeit ist rum - und nach vielen Irrungen und Wirrungen bin ich bei einem völlig anderen Kleid angekommen als ursprünglich geplant :D
Und das Ganze ist quasi in letzter Minute fertig geworden.
Hätte mir das jemand im Januar bei Beginn der Planungen gesagt, hätt ich wohl einfach ein gebrauchtes von Vinted gekauft ...
Am Samstag ist auch die kirchliche Hochzeit gelaufen - dafür habe ich einen Mantel genäht und dann waren es 23° und ich hab ihn gar nicht getragen ... den selbstgemachten Brautstrauß (aus Knöpfen und Filzblumen, wie es sich für eine Hobbyschneiderin gehört) und Haarschmuck aber schon, die Deko war auch selbstgemacht und generell gibt es dazu später noch einen Beitrag.

Aber als erstes ein Foto vom Endergebnis für alle Neugierigen, die sich gar nicht für den Rest interessieren ;) Der Kranich ist hier schüchtern und kaum zu sehen ...

Weiß-Rot-Grün ist mein neues Weiß-Rot-Blau! Hier noch ohne Haarreif.

Im letzten Beitrag habe ich mein neues Konzept präsentiert: Ein grüner Tüllrock und ein Kleid für drunter.

Die Hochzeit nahte, ich musste mal hinnemachen! Und das tat ich dann auch ...

Zunächst habe ich das Probeteil angepasst. Zur Erinnerung:
Ich habe:
- die Brustrundung oberhalb des Brustpunkts abgeflacht
- die Taille verschmälert (die sitzt locker, was für ein Kleid okay wäre, aber wenn ich einen Rock drüberziehe, wirft das Falten!)
- die Schulter nur hinten etwa 1-2 cm hochgezogen - und schwupps, ist der Sitz an der Rückseite völlig okay!
- einen tieferen Ausschnitt aufgezeichnet; auch die Armausschnitte mussten weiter nach innen
- das Taillenband wegrationalisiert und das Oberteil um 9 cm verlängert

Und bei der Gelegenheit habe ich den Rockteil auch noch etwas verschmälert. 

So sah das Probeteil dann aus (noch abgesteckt):

Bei kleineren Fältchen muss man bedenken, dass das endgültige Oberteil nicht aus einer Lage Stoff besteht, sondern drei - das fügt einiges an Stabilität hinzu.

Dann ging es an den Zuschnitt: Ich habe mich gegen Futteracetat (hatte nur welches in einem zu dunklen Cremeton und natürlich musste ich an einem Sonntag zuschneiden!) und für dünne weiße Viskose entschieden beim Futter. Der weiße Oberstoff (leicht glänzender Baumwollköper) war fix erledigt, nur beim bestickten Tüll hat's eine Weile gedauert - ihr wisst schon, Motivstoffe ...

Passende Musteranschlüsse an den Nähten wären natürlich schön gewesen. Ging aber nicht, ich hatte nur 1 m Stoff (in der Breite) und der Rapport hat sich in der Länge nicht wiederholt. Ich rechne einfach nie mit querliegenden Mustern ... aber sei's drum, so genau schaut dann hoffentlich keiner hin und ich habe wirklich keine Zeit, Stoff nachzubestellen.

Übrigens: Wie immer, wenn man's eilig hat ... ich habe ein Rückenteil falschrum zugeschnitten und der Tüll hat eine eindeutige Rückseite. Ich habe kurz um den schönen Teil des Rapports getrauert und einen weniger schönen genommen - die Rückansicht ist jetzt nicht soo toll, aber damit musste ich dann leben und auf Weiß sieht mans sowieso nicht sehr.

Das Nähen dieses Kleids ist eigentlich nicht so aufwändig (haha, bevor man zu den Handnähten am Ende kommt), aber ich habe erstmal den Tüll händisch auf den Köper geheftet, um das Ganze als eine Lage weiterverarbeiten zu können. Dauert ein bisschen.

Und dann ging's richtig los!

Natürlich musste ich erstmal nachschauen, in welcher Reihenfolge man eigentlich was näht, wenn man bei einem Kleid mit Reißverschluss und angesetztem Rock nur das Oberteil füttert. Letzteres ist offenbar zu speziell, aber für Ersteres bin ich beim Bernina-Blog auf eine schöne Anleitung gestoßen.
... und habe mich dann umentschieden.
Die Bernina-Anleitung ist vermutlich einfacher, aber bei meiner wusste ich halt, wie's geht (das hatte ich schonmal gemacht):

Sieht lustig aus!

Hier ist der Reißverschluss eingesetzt, die Schulternähte sind aber noch offen. Jetzt werden ringsrum die Kanten von Arm- und Halsausschnitt mit dem Futter verstürzt. Wichtig: Die seitlichen Nahtzugaben der Schulternähte dabei auslassen, d.h. es wird nur bis 0,7 cm / 1 cm / 1,5 cm /wieviel Nahtzugabe auch immer ihr geben wollt vor der Schulterkante genäht!

Sehr hilfreich: die Schulternähte an der Nahtlinie nach innen bügeln (ebenso die Rückenkante des Futters, wo der Reißverschluss reinkommt).

Anschließend wird der Oberstoff des Kleids links auf links gelegt und nur die Schulternähte des Oberstoffs geschlossen. Ganz wichtig - die Nahtzugaben des Futters dabei sehr sorgfältig nach unten klappen, sonst werden die mitgenäht und man muss trennen ...

Hier liegen Vorderteil-Schulter und Rückenteil-Schulter aufeinander; das Futter ist unten angepinnt.

Jetzt kann man die Nahtzugaben des Futters nach innen schieben (also zwischen Futter und Oberstoff), die schon umgebügelte Nahtzugabe des Futters ebenfalls (wer die NZ nicht umgebügelt hat, hasst sich jetzt ein bisschen) und die Futter-Schulternaht per Hand schließen.

Danach habe ich das Futter an den Reißverschluss anstaffiert. Und das Futter an allen Kanten mit einer kleinen Punktfixierung am Oberstoff festgenäht, damit die Kante schön flach ist - der Tüll ist nämlich besonders an den bestickten Stellen etwas widerspenstig und liegt dann gerne leicht wulstig.

Man kann die Naht erahnen - sie soll ja unsichtbar sein und ist es außen durch den Tüll auch komplett.

Weil ja nur das Oberteil gefüttert ist (der Rock braucht wirklich nicht noch mehr Lagen!) musste ich jetzt noch die Nahtzugabe der Rock-Taillennaht nach oben bügeln und die untere Kante des Futters eingeschlagen daran annähen, damit innen der Übergang von Oberteil zu Rock sauber aussieht. Sieht zwar keiner, aber ich weiß es.

Für diesen Schritt liebe ich die Puppe! Es geht viel einfacher in 3D!

Das Kleid war an sich schnell genäht, aber all die Handnähte haben ein paar Stunden gebraucht - ich war am Donnerstag Vormittag fertig (wir sind am Freitagmorgen gen Schwarzwald in die Heimat meines Mannes aufgebrochen). Ganz entspannt also? Neinnein!

Denn da war ja noch der grüne Rock.

Aber erstmal ein paar Fotos vom fertigen Kleid! Die Schuhe habe ich übrigens auch zum kompletten Outfit getragen; sie passen wunderbar zu Tasche, Nagellack und Haarreif. Weshalb ich jetzt doch Absätze trage (tue ich sonst nie!), erfahrt ihr gleich ...

Der Kranich ist etwas überbelichtet. Aber ich mag ihn sehr!

Mit einem etwas schickeren Rockstoff finde ich es durchaus auch so tragbar. Zur Not hätte ich vielleicht ne Lage Chiffon an den Rock genäht.

Klick machts größer! Die Passform finde ich recht gut.

Nahaufnahme, damit man den schönen Zweige-Kranich-Kirschblüten-Tüll besser sieht.
Die Kette ist übrigens von meiner Omi! Ich habe sie als Teenie oft getragen.

Eigentlich hatte ich eine tolle Kette mit Würfelmotiven gekauft, aber das war mir doch zu wild zum Oberteil-Muster.

Und jetzt zum nichtweißen Teil des Ganzen!

Der smaragdfarbene Tüllrock, der eigentlich Ende August/Anfang September kommen sollte, traf erst Ende September im Brautladen ein - und dann bekam die Inhaberin Covid. Weil der Laden 4 Stunden entfernt ist und mir die Wochenenden zum Hinfahren ausgingen, bat ich um das Zusenden des Rocks und er traf 3 Tage vor der Hochzeit ein. Puuh!

Ich liebe Tüllröcke! Bei dem stürmischen Wetter aber leicht vom Winde verweht.

Ich habe dann einen Nachmittag damit verbracht, den Rock selbst zu kürzen (das war anders geplant, aber immerhin Geld gespart?) und weiß jetzt genau, warum das so teuer ist ... Der Rock hat 5 Lagen und ungefähr 6,5 Meter Umfang. Einmal habe ich nachgekürzt, also habe ich schlappe 65 Meter Saum abgeschnitten - zum Glück mussten die drei Lagen Tüll gar nicht gesäumt und die beiden Futterlagen nur versäubert werden. Ich war trotzdem erst am Donnerstagabend damit fertig. Da hätte ich mir echt nen Zuschneidetisch gewünscht, auf dem Boden war das wirklich anstrengend.
Ein klein wenig lang ist der Rock noch, aber die Länge ist auch einfach schwierig festzulegen bei so vielen Lagen!

Genau deswegen habe ich übrigens Absatzschuhe getragen: Ich wollte ein paar Zentimeter "Reserve", falls ich zuviel abgeschnitten hätte - dann wäre ich einfach auf flache Schuhe gewechselt.
Die Weite des Oberteils ist übrigens prima, das schlägt keine Falten unter dem Taillenband des Rocks,

Ich bin unheimlich glücklich mit der Farbwahl! Die intensive Farbe passt viel besser zu mir als ein einfach weißes Kleid. Hätte ich nicht relativ frühzeitig den grün-roten Haarreifen von noni gekauft, hätte ich mir die Kombi vermutlich so nicht ausgesucht.

Auf diesem nicht ganz scharfen Foto sieht man zumindest halbwegs den Haarreif ...

Die roten Schuhe hat man nicht gesehen, aber Nagellack und Haarreif passten auch zum Täschchen. Der Schnitt ist übrigens "eleni" von unikati und ich habe sie einfach aus Seidenresten genäht. Sie hat ein schönes Futter mit Sternbildern!
Den Riemen habe ich ewig vor mir hergeschoben und dann festgestellt, dass ich eigentlich eine Taschenkette will. Die habe ich dann - weil es zu spät zum Kaufen war - einfach von einer vorhandenen Tasche geklaut. Ist etwas kurz, aber eigentlich sehr praktisch, weil man so trotz Tasche noch gut den Rock raffen kann!

Es war ein wunderbarer Tag.

Schnitt: Oberteil nach dem Upton Dress von Cashmerette, Gr. 8/EF, Taille ca. Gr. 12, mit einigen Anpassungen und eigenem V-Ausschnitt; Täschchen: eleni von Unikati
Material: leicht glänzender Baumwollköper, Kranichtüll von CoutureLace (über etsy); Täschchen: Seidenreste und Baumwollstoff mit Sternbildern
Nachnähpotential: Also, wo ich jetzt endlich den Schnitt angepasst habe ...

Verlinkt beim MeMadeMittwoch.

Lg
Nria (war da schon leicht fertig mit der Welt. Und die Kirche kam erst noch!)