Beim MeMadeMittwoch darf man jetzt auch Herrenkleidung zeigen - das kommt mir sehr entgegen, weil ich einerseits immer Inspiration für meinen Mann suche und andererseits schwangerschaftsbedingt für mich selbst gerade nur echt langweilige Basics nähe. Dieses Teil hier war dagegen gar nicht so langweilig.
Nach der
Folienjacke hatte mein Mann gleich das nächste Projekt für mich: Einen Arztkittel. Aber nicht irgendeinen, nein! Es musste schon ein futuristischer sein, denn er war wieder fürs SciFi-Larp.
Er hatte sich
dieses Bild als Vorlage ausgesucht. Sieht ja toll aus, hat aber auch jede Menge aufwändige Details: Diverse Applikationen und Einsätze, eine asymmetrische Front ...
 |
Erstmal ein Bild vom Mantel in seiner natürlichen Umgebung - weiter
unten gibts dann welche, auf denen man auch was erkennt ;) |
Schon im März haben wir auf dem Stoffmarkt festen Baumwollköper und dünnes, weiches Kunstleder (leider stretchig, aber es gab kein besseres) gekauft. Statt der Biesen-Einsätze habe ich anthrazitfarbenes Kunstleder mit interessanter Pyramidenstruktur genommen, das ich noch im Vorrat hatte.
 |
Die Vorderkante und der Rückenschlitz fallen nicht so senkrecht, da hätte es noch Anpassungsarbeit bedurft. |
Ich hätte einfach den Burda-Schnitt von der Folienjacke als Basis nehmen können, aber dann fand ich etwas Besseres: Den Mantel "Montgomery" von lucy.sonnenschein.design. Schon relativ lang (ich habe ihn dann nochmal um 30 cm verlängert) und mit einem seitlichen Abnäher, der fast genau die Form der Applikation im Schnitt hatte! In diesen Abnäher sind auch noch Taschen eingefügt, und da mein Mann sowieso gern welche haben wollte, bot sich das direkt an. Den Abnäher habe ich oben gespiegelt und hatte dann direkt einen fertigen Einsatz, denn ich habe das Teil ausgeschnitten und der Abnäher verschwindet somit in der Naht. Praktisch!
 |
Hier stecken VIELE Meter Stylefix-Klebeband drin ..
|
Weniger praktisch fand ich die Anleitung: Warum muss man ausgerechnet schwarzen Stoff für den Mantel der Anleitungsfotos nehmen? Ich verstehe Schnittmusterhersteller da echt nicht. Beliebt sind auch überbelichtete Fotos von weißen Stoffen oder wilde Muster. Leute, das geht besser!
Die Beschreibung fand ich dabei auch nicht sonderlich hilfreich, eher sparsam mit Worten - keine tolle Kombi zu Fotos, auf denen man nichts erkennt ...
Ich schaue an sich kaum noch in Anleitungen, aber bei der Taschen-Abnäher-Konstruktion war es dann eben doch noch nötig, ebenso wie beim Gehschlitz im Rückenteil, denn sowas nähe ich einfach selten. Stellenweise habe ich improvisiert und bin nicht sicher, ob ich da wirklich richtig genäht habe. Na ja, ist ja nur ein Kostüm.
 |
Durchs elastische Kunstleder stimmen leider die Besätze unten nicht ganz ... |
Ursprünglich wollte ich den Mantel füttern, damit innen alles schön ordentlich ist, aber wie immer so oft habe ich auf die letzte Minute genäht, also am vorletzten und letzten Tag, an dem mein Mann den Mantel mittags schon mitnehmen wollte. Meine Schwester sagt: "Wie es der Brauch verlangt!" Larper kennen es vermutlich ...
Den Schnitt habe ich Anfang Mai gekauft und dann ewig viel Zeit mit Anpassungen verbracht: Weil die Vorderkante beim Probeteil oben zu weit und unten zu eng war, habe ich statt Full Tummy Adjustment stumpf eine schräge Linie von Ausschnitt bis Saum gezogen. Improvisiert, aber hat ganz gut funktioniert. Ich habe für mehr Bewegungsspielraum den Oberarm erweitert und noch die Schultern verschmälert.
Der Rest war nur Optik: Jede Menge Applikationen aufgezeichnet (die großen Flächen am Saum habe ich hinten falschrum angenäht, aber so isses jetzt halt) und dann stundenlang am Kunstleder rumgeschnippelt. Das Noppenkunstleder habe ich dabei etwas größer gelassen - weil das schwarze Kunstleder sehr dünn ist, sieht man das zwar, aber ich hatte definitiv keine Zeit für superpräzisen Zuschnitt, um die innenliegenden Teile exakt in die Umrandung einzupassen. Wie gesagt: Ist ja nur ein Kostüm, mein Mann soll damit nicht über die Haute Couture-Modenschau laufen.
 |
... und die schwarzen Teile unten sollten eigentlich andersrum aufgenäht sein.
|
Und: Ich bin genau den umgekehrten Weg wie bei der Folienjacke gegangen und habe den originalen (Revers-)Kragen durch einen Stehkragen ersetzt. Dafür habe ich den Original-Kragenschnitt der Folienjacke, Herrenjacke 139 aus der Burda Style 02/2016, verwendet - den hatte ich ja bereits vorliegen!
 |
Am Kragen habe ich nix zu meckern! |
Das Nähen wäre aber noch ganz entspannt gewesen, wenn ich nur einen Tag früher angefangen hätte. Oder wenn das Material dankbarer gewesen wäre: Das dünne elastische Kunstleder hat mich ein bisschen in den Wahnsinn getrieben beim Nähen! Immerhin waren das "Noppen"-Kunstleder und der weiße Köper sehr stabil, aber elastische Stoffe auf unelastische aufzunähen ist definitiv kein Vergnügen.
Immerhin: Meine neue Juki hat verstellbaren Nähfußdruck (den ich auch direkt mal auf die niedrigste Stufe gestellt habe) und einen Teflonfuß direkt im Zubehör enthalten. Dazu habe ich viele, viele Meter Stylefix-Klebeband verbraucht (Memo an mich: Nachkaufen! Für Applikationen finde ich das Zeug wirklich unverzichtbar), damit ging es recht gut.
 |
Tiefe Taschen! |
Am Freitagmittag bin ich dann noch schnell zu tedox gedüst, weil ich natürlich kein Klettband mehr vorrätig hatte (bin dankbar für den Laden; unser Ministoffladen macht Mittagspausen!). Ursprünglich hatte ich unsichtbar angenähte Druckknöpfe vorgesehen, aber dafür reichte die Zeit nicht mehr.
So richtig genügt der Mantel nicht meinen Ansprüchen - bei den Details sieht man schon, dass er ziemlich mit der heißen Nadel genäht wurde, z.B. hats beim Ärmeleinsetzen nicht mehr fürs Einhalten gereicht, da sind jetzt Fältchen und ich wurde bei den Applikationen, insbesondere an den Ärmeln, immer unpräziser, da sieht man bei dem großen Kontrast schonmal, dass der Zickzackstich über den Rand hinausragt. Ich finde es aber auch blöd, dass man sich zwischen "flutschiger Nähfuß" und "breite Aussparung, sodass man die Nahtlinie gut im Blick hat" entscheiden muss. Muss dazu ergänzen: Weil ich meine Juki erst seit wenigen Wochen besitze und die Zeit sehr knapp war, habe ich mich noch nicht mit dem beiliegenden Oberstofftransportfuß auseinandergesetzt; vielleicht wäre das DIE Lösung gewesen. Bei meiner Pfaff muss ich halt bloß den IDT-Hebel runterziehen ...
Bei den Mitspielern und meinem Mann kam der Mantel immerhin gut an und die eigenen Ansprüche sind natürlich meist die höchsten. Weil das Möndchen voraussichtlich im August kommt, ist noch unklar, wann der nächste Conbesuch ansteht (und auch, wann ich selbst wieder mitkann) - aber ich bin jetzt schon gespannt, was für schräge Kostümideen meinem Mann als nächstes einfallen ...
Schnitt: Herrenmantel "Montgomery" von lucy.sonnenschein.design, Gr. 58
Material: Fester weißer Baumwollköper, weiches schwarzes elastisches Kunstleder, Noppenkunstleder
Änderungen: Mantel verlängert, Reverskragen durch Stehkragen ersetzt (Schnitt: Herrenjacke 139 aus der Burda Style 02/2016), Applikationen hinzugefügt (der Abnäher verschwindet dabei in einer Teilungsnaht), Schultern verschmälert, Bizeps-Erweiterung, eine Art Full Tummy-Adjustment improvisiert, Vorderkante asymmetrisch erweitert, Aufsatztasche ergänzt
Nachnähpotential: Lieber nicht ...
Lg
Nria