Dieses Kleid habe ich zu meiner Verlobungsfeier getragen. Na ja, was man so Feier nennt als introvertierte Person - wir waren mit unseren Eltern und teils Geschwistern im Restaurant ;) Da ich aus dem nördlichen Westfalen und mein Schatz aus dem Schwarzwald kommt, kannten die sich noch nicht.
Der Stoff enthält leider viel Polyester und ich rechne mit baldigem Pilling, daher wollte ich das schöne Kleid wenigstens einmal zu einem besonderen Anlass tragen. Außerdem hat es einen Ring (aber das ist mehr Zufall, mir gings hauptsächlich um den tollen Stoff. Wobei, die Planeten haben auch Ringe ...).
Ach ja: Und sorry für komische Gesichtsausdrücke; das Licht war wirklich grell an dem Tag! Aber ich muss halt jede Fotogelegenheit nutzen; wer weiß, wann die nächste kommt ... Guckt einfach aufs Kleid, das ist sehr hübsch :D
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Ein ganz besonderes Kleid!
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Diesen Viskosejersey mit Space-Print habe ich zuerst in einer Nähgruppe auf Facebook gesehen und war sehr enttäuscht, dass ich ihn nirgends finden konnte. Er ist aber auch schön - realistischer Weltalldruck kombiniert mit passenden stilisierten Himmelskörper-Motiven, das Ganze ohne kitschige Farben und mit ordentlichem Rapport (viele eigentlich tolle Drucke sind schlecht designt, sodass sich das Muster zu oft wiederholt, was nur auf kleiner Fläche gut aussieht). Genau mein Ding!
Später fand ich ihn doch noch - offenbar ist der Stoff einfach schnell ausverkauft - und habe sofort zugeschlagen.
Mein Plan war, das
Knotenkleid Gloria draus zu nähen. Aber als der Stoff ankam, musste ich umdisponieren.
Ich hatte nämlich den Polyesteranteil unterschätzt (ich glaube, er beträgt gute 40%). Dadurch fällt der Stoff nicht so weich und leicht wie andere Viskosejerseys und ist auch weniger dehnbar, er ist eher fest wie Romanitjersey. Für die Gloria wollte ich aber einen sehr weichen und dehnbaren Jersey, sonst trägt sie auf. So viel Polyester ist mir für Hochsommerwetter auch zu warm.
Also griff ich zum Schnitt "Samba" von Schnittmusterlounge: Ein ausgestelltes Kleid mit Abnähern und einem tollen Ausschnittdetail - ein halbkreisförmiges "Loch" am Ausschnitt und eine Einfassung mit Schrägband, wobei als Extra-Detail ein kleiner Ring oder ein anderes Element eingefügt wird. Erschien mir sehr passend zu dem Stoff und in der Anleitung stand, dass der Schnitt auch für festere Jerseys wie Romanit geeignet sei.
Ich habe die Petite-Version des Schnitts - die ist allerdings auf 1,63 m ausgelegt; üblicherweise ist eine petite-Größe eher für 1,60 m abwärts. Für meine 1,54 m ist der Schnitt also trotzdem nicht ideal; den Ärmel habe ich z.B. um 4 cm gekürzt, was für einen Petite-Schnitt eigentlich ein Trauerspiel ist.
Was mir dafür gefällt: Obwohl es ein Jerseyschnitt ist, hat das
Kleid Brustabnäher und Rückenabnäher. Dazu sind der Brustpunkt und
die Taillenlinie eingezeichnet, was Änderungen erleichtert - daran könnten sich andere Hersteller mal ein Beispiel nehmen!
1 cm Nahtzugabe ist enthalten und eingezeichnet - super! Wenn man (wie ich) alle Größen druckt, natürlich etwas unübersichtlich, aber ich habe mich gut zurechtgefunden und man kann nicht benötigte Größen ausblenden. Das Beste aus beiden Welten - so kann man sich aussuchen, ob man den Schnitt mit oder ohne Nahtzugabe verwenden möchte.
Gerade bei diesem Schnitt ist das hilfreich, weil der Halsausschnitt wegen der Schrägbandeinfassung keine Nahtzugabe enthält, das ist ein kleiner Stolperstein beim Zuschnitt.
Apropos Schrägband: In der Anleitung stehen für die Einfassung ein fertiges elastisches Band oder ein schräg im Fadenlauf geschnittenes zur Auswahl - wozu schräg zuschneiden, wenn sowieso nur Jersey- und Strickstoffe empfohlen werden? Dafür schneidet man das Einfassband gerade zu, nicht schäg, denn der Jersey ist ja ohnehin elastisch.
Beim Stoffverbrauch sollte man aufpassen: Bei 1,40 m Stoffbreite passen die weiten Röcke nicht nebeneinander (bei 1,50 m und der kurzen Rockversion schon), das frisst Stoff. Allerdings kann man bei schmaleren Stoffen ohne oder mit richtungslosem Muster viel Stoff sparen, wenn man ein Teil umdreht, eine Rückennaht in Kauf nimmt (wie ich, siehe unten) oder die Teile einfach versetzt auflegt - bei diesem Schnitt ist es m.M.n. schon sinnvoll, das vorm Stoffkauf auszuprobieren.
Abnäher in Jersey machen mir wenig Spaß, weil das gerne ungenau wird, insbesondere bei den langen senkrechten Rückenabnähern, die so schmal zulaufen. Weil ich sowieso fast immer eine hintere Mittelnaht mache, habe ich die Rückenabnäher kurzerhand zur Mitte verschoben, sodass ich eine kurvige statt gerade Mittelnaht habe.
Das ging ganz schnell - praktischerweise war bei dem Abnäher auch gleich die senkrechte Mitte markiert, daran habe ich einfach die hintere Mitte angelegt und den Abnäher abgezeichnet. Dann habe ich den Abstand der Abnähermitte zur Kante gemessen (1,5 cm) und dann den doppelten Betrag (3 cm) daneben markiert und eine weitere Linie zu den Enden des Abnähers gezogen, sodass die Wölbung doppelt so breit wurde: Schließlich soll die Kurve ja beide Abnäher ersetzen, nicht nur einen.
Am schwierigsten ist die Einfassung des runden Einschnitts am Halsausschnitt - da sollte man das ordentlich dehnen, damit es sich gut anlegt. Ganz ist mir das nicht gelungen, aber es ist okay.
Nach einem passenden Ring habe ich monatelang gesucht, verschiedene bestellt, mit keinem war ich zufrieden. Schließlich wurde ich auf dem Stoffmarkt in Ludwigshafen beim Stand vom Oudshoornshop fündig und habe gleich zwei gekauft. Ich wollte einen, der 3 cm Durchmesser hat und flach ist - letzteres war das größere Problem; flache Ringe sind echt schwer zu kriegen!
Danach ist die größte Herausforderung, das Ding wirklich mittig zu kriegen ... ich bin nicht ganz sicher, ob die Schrägbandstücke rechts und links wirklich gleich lang sind, aber jetzt lass ich's so!
Weil ich sehr klein bin, dachte ich eigentlich, dass mir die kurze Länge reichen würde, habe sie aber vorsichtshalber direkt beim Zuschnitt noch um eine Handbreit verlängert. Aber beim Anprobieren stellte ich fest: Trotzdem zu kurz (der Rock endete knapp oberhalb des Knies). Mit knieumspielender Länge fühle ich mich am wohlsten, ich bin echt kein Minirock-Fan, aber hauptsächlich ging es mir darum, dass bei einem Herbst-/Frühjahrskleid mit Dreiviertelärmeln ein kurzer Rock nicht so sinnvoll ist.
Deshalb habe ich unten noch einen schwarzen Streifen angesetzt und bin sehr zufrieden damit - das ist eine schöne Ergänzung zur schwarzen Einfassung am Halsausschnitt!
Mein Fazit?
Ich bin sehr begeistert von dem Kleid! Den Druck liebe ich einfach, der Ausschnitt mit dem schwarzen Kontrast, der ungewöhnlichen Form und dem glänzenden Ring passt super dazu und mit dem Sitz bin ich ganz zufrieden (danke, Abnäher!).
Also hoffe ich mal, dass es trotz Polyesters lange durchhält :)
Oh, und falls sich jemand fragt, ob ich vorhabe, mein Hochzeitskleid selberzunähen: Ich hebe mir das als Notfalloption auf, plane aber an sich, eins zu kaufen. Aus dem simplen Grund: Feine, festliche Stoffe zu vernähen macht nur mäßig viel Spaß und eigentlich ist es doch ganz schön, wenn sich mal wer anders mit all den Änderungen rumärgern darf ...
Aber: Es ist ein wirklich gutes Gefühl, dass ich nicht darauf angewiesen bin, ein Kleid zu kaufen. Wenn ich alle doof finde, nähe ich halt doch eins selbst!
Schnitt: Kleid Samba von Schnittmusterlounge, petite-Version mit kurzem Rock und Dreiviertelärmeln, Gr. 42
Material: Viskosejersey (mit hohem Polyesteranteil), Jerseyschrägband, flacher Ring vom
Oudshoornshop Änderungen: FBA, Schultern verschmälert, Rückenabnäher zur Mitte verlegt und eine rückwärtige Mittelnaht eingefügt, Ärmel um 4 cm gekürzt, Rock eine Handbreit verlängert und dann noch einen Streifen angesetzt.
Nachnähpotential: Ja!
Lg
Nria