Im Juni vor 20 Jahren stand ich ein wenig hilflos auf meiner allerersten Liverollenspiel-Veranstaltung*! Die war übrigens gar nicht mal so toll.
Aber ich bin drangeblieben und es hat mein Leben verändert. Viele meiner Freunde habe ich dort kennengelernt, auch meinen Ehemann, ich habe viel nebenbei gelernt (z.B. über Geschichte, Musik, Schauspiel, verschiedene Handwerkstechniken und natürlich war es der Anstoß für mich, nähen zu lernen, sodass ich heute fast meine komplette Garderobe selbst nähe inklusive meinem Standesamt-Brautkleid und dem Brautmantel, den wegen des Wetters dann nur meine Schwester getragen hat) und es ist einfach immer noch ein tolles Hobby!
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Übersicht über meinen Plan!
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In den zwei Dekaden hat sich allerdings sehr, sehr viel verändert im Hobby: Vieles wurde professioneller, es gibt Großveranstaltungen mit vielen tausend Teilnehmern inkl. Vor-, Nach- und Ablegercons (leider sterben kleine Cons aus, was ich sehr tragisch finde), viele Leute verdienen ihren Lebensunterhalt mit dem Hobby (ob als Orga oder Handwerker), eine Menge Trends (wie regelwerkloses Spiel oder bestimmte Genres) kommen und gehen ...
... und auch die Kostüme sind heute sehr anders als früher.
Um die Jahrtausendwende konnte man noch sehr wenig Larpzubehör kaufen: Es gab vereinzelte Shops, online und offline, mit einem kleinen Angebot an Kleidung und Accessoires. Daher wurde improvisiert, was der Kleiderschrank hergab: Die Larpszene und ihre Angehörigen waren jung und es gab Überschneidungen mit der Gothic- und Metal-Szene, viele besaßen schwarze Lederhosen, Bundeswehrstiefel und lockere Schnürhemden, die man geradezu als Larper-Uniform für jede Rolle trug (der Krieger mit dem Schwert in der Hand, der Magier mit dem Bündel Stoff-Feuerbälle am Gürtel ...). Auch das Bandshirt unterm Kettenhemd oder die Jeans unter der Robe waren kein so seltener Anblick; viele Outfits bestanden halb aus normaler Kleidung, etwas mit pseudomittelalterlichen Accessoires wie Nietengürteln und Trinkhörnern aufgehübscht.
Die Challenge
Inspiriert zu diesem Beitrag hat mich die Youtuberin Ginny Di, die Videos über Dungeons&Dragons, allgemein Rollenspiel und Cosplay macht), mit ihrem Video "I remade my first cosplay 10 years later"
Über meine erste Gewandung - für eine Zwergin - und deren Entwicklung habe ich hier schonmal geschrieben.
Damals war ich absolute Anfängerin im Nähen, hatte von Materialien, Techniken und Kostümdesign keinerlei Ahnung. Mal sehen, was ich mit 20 Jahren mehr Erfahrung hinkriege ...
Dabei soll es quasi die gleiche Gewandung, nur in besser, bleiben - eine wirklich gute Zwergenklamotte wird es daher eher nicht werden (wie ich das mit mehr Erfahrung machen würde, könnt ihr in diesem Beitrag sehen), aber ein deutlich schöneres Fantasykostüm.
Ein bisschen schummle ich bei der Neuauflage durch die Verwendung von bereits vorhandenen Sachen. Aber es wäre ja auch nicht sinnvoll, allein für ein paar Fotos Dinge zu nähen, die ich gar nicht brauche!
Ich zitiere mal fröhlich, woraus mein Outfit bestand:
- eine halb-selbstgenähte, lindgrüne Polyesterbluse, aus einem
abgewandelten burda-Schnitt mit Hilfe einer Freundin (die hat mehr daran
genäht als ich ... ich glaube, ich habe bloß zugeschnitten *gg*)
- eine schwarze Satinpluderhose aus dem Karnevalsschrank meiner Mutter
- meine Konfirmationsschuhe :D (schwarze Halbschuhe mit Schnalle)
- ein mit Hilfe meiner Mutter genähter Umhang aus lila gefärbtem Biberbettlaken
- eine silberfarbene Kette von cantus mit Rankenmuster
Nur auf dem rechten Bild zu sehen:
- ein miederartiges Top aus "Waschlederimitat" (der Stoff ist schwer zu beschreiben)
Damals habe ich direkt draus gelernt: Nie wieder habe ich Polyesterkleidung im Larp getragen ...
Allerdings: Die Auswahl an Stoffen war 2003 noch eher mau, besonders für Leute, die nicht in der Großstadt wohnten. Meine ersten Stoffe habe ich in der Gardinenabteilung gekauft, weil es nichts anderes gab - und Onlinestoffläden? Welche Onlinestoffläden?
Heute habe ich mehr Möglichkeiten und mehr Kenntnisse. Gerade bei schlichten Outfits ist die Stoffwahl wirklich wichtig! Googelt doch z.B. mal Bilder von Gandalfs Robe aus Der Herr der Ringe: Ein ganz simpler Schnitt, aber beim Filmkostüm sind die Stoffe strukturiert und haben ein gewisses Volumen und Gewicht. Bei den Karnevalskostümen ist es ein meist hauchdünnes Polyesterstöffchen, bei Kostümen für Rollenspiel o.ä. bestenfalls dünne Baumwollpopeline. Wirkt völlig anders!
Die Umsetzung
Am schwierigsten war die Überlegung, wie genau die Sachen aussehen sollen!
Ich habe monatelang nach passenden Schnittmustern gesucht. Natürlich hätte ich welche selbst erstellen können, aber ich war so unentschlossen!
Hose: Ich habs mir leicht gemacht und eine schwarze Woll-Pluderhose von Hana geklaut!
Bluse: Hier habe ich am längsten gesucht. Zig Schnittmuster aus meiner Zeitschriftensammlung markiert, aber keins war mir gut genug. Ich wollte eher eine Art Tunika als eine Bluse mit Knopfleiste, schlicht, aber mit schönen Details. Schließlich bin ich bei einem Ottobre-Schnitt hängengeblieben, den ich noch etwas zu modifizieren gedenke.
Mieder: Nachdem ich ewig lange auf meiner Pinterest-Schnittmustersammlung das Mieder B4669 von Butterick angeschmachtet habe, habe ichs mir dann endlich gekauft.
Schuhe: Leider habe ich keine schwarzen Larpschuhe, also habe ich einfach braune Stiefel genommen ;) (ich hätte auch Halbschuhe gehabt, finde Stiefel zu dieser Art Outfit aber stimmiger)
Kette: Das war leicht, ich besitze sie immer noch (und trage sie gelegentlich zu unifarbenen Shirts)!
Umhang: Knifflig.Ich habe keinen Bedarf an einem lila Umhang, deshalb wollte ich mir keinen extra nähen. Aber ich hatte noch eine vor vielen Jahren genähte lila Schecke im Schrank (kommt vom französischen "jaque", aus dem dann die deutsche "Jacke" wurde), eine mittelalterliche Jacke, wobei mein Schnitt ziemlich unhistorisch ist. Hana hat aber auch noch einen bläulichvioletten Umhang, glaube ich.
So, Näheres gibts vermutlich im September! Aktuell muss ich noch real zu tragende Larpkleidung fürs nächste Con fertigstellen, danach habe ich Zeit fürs "Spaßnähen" ohne Zweck ...
*Eigentlich wollte ich diesen Beitrag mit einem fertigen Outfit genau zum Jubiläum veröffentlichen. Aber dann habe ich mich mit dem Datum vertan und beschlossen, ganz entspannt ein Work in Progress draus zu machen :)
Lg
Nria