Meine ArtBox von Rebecca ReckArt vom Jahresanfang 2021 enthielt neben dem Rankenjersey (ist bereits ein tolles Kleid geworden) und einem Vogeljersey (vernäht zu einer Bluse) auch einige Dinge, denen ich eher ratlos gegenüberstand: Ein halber Meter grüner Jersey (in der ArtBox hieß er "Meadow", nun ist er als "Painted Green" im Shop) mit der Optik eines überstrichenen Leinenstoffs, ein Stück froschgrüner Bündchenstoff, eine ebenso grüne Kordel und ein moosgrünes Gummiband (Kordeln verwende ich fast nie, das Gummi eignet sich vielleicht für Unterwäsche, mal sehen).
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Ich bin von der Hose begeisterter, als ich aussehe, ehrlich!
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Eine Weile habe ich überlegt, ob ich diese "Reste" weiterverkaufen soll ... aber dann kam mir eine Idee: Um die Hose "Hibbelmors" von Kystbarn bin ich schon eine Weile herumgeschlichen. Die Taschen- und Passenform ist wirklich ausgefallen! Der Stil schien mir auch gut zu dem grünen Jersey zu passen - eine super Ausrede, den Schnitt zu kaufen! Nach der dezent birkigen Suri in Mint wollte ich sowieso mehr Jerseyshorts.
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Versuch eines Detailfotos!
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"Mors" ist das plattdeutsche Wort für den Allerwertesten. Kannte ich nicht; obwohl ich in der Nordhälfte der Republik wohne, ist hier das Plattdeutsche leider schon fast ausgestorben (und meine Familie kommt sowieso nicht von hier). Ein "Hibbelmors" ist also genau das, wonach es klingt - jemand, der Hummeln im Hintern hat.
[Kurzer Einwurf zu Schnittmusternamen: Ich finde es ja gut, wenn ein Hersteller sich mal etwas anderes einfallen lässt als die immer gleichen Frauennamen, die auch von 5 anderen Herstellern für verschiedene Kleidungsstücke verwendet werden. "Hibbelmors" finde ich da noch ganz niedlich, aber teilweise nimmt das Auswüchse an ... es gibt z.B. von einem anderen Designer eine Hose namens "Speckbeinjogger". Zu dem Namen sage ich einfach mal gar nichts.]
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Durchs Bündchen kein so gutes Flatlay, aber immerhin erkennt man die Details gut!
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Mich reizte auch ein bisschen die Herausforderung. Andere Hosen nähe ich, ohne auch nur in die Anleitung zu schauen (außer vielleicht für die Information, ob schon Nahtzugabe enthalten ist; das steht ja leider nicht immer auf dem Schnitt drauf). Hier geht das nicht! Die Taschen werden schon auf ziemlich besondere Weise angenäht und es ist auch kein 1-Stündchen-Projekt wie normale Jerseyshorts.
Aber immerhin: Jersey und Bündchen aus der ArtBox haben exakt dafür gereicht. Nur einige Belege habe ich aus grünem Unijersey ergänzt, aber die liegen ja ohnehin innen.
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Das nenne ich Stoffausnutzung!
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Die Anleitung fand ich gut und ausführlich. Es gibt verschiedene Varianten bei der Hose: Mehrere Beinlängen, mit Beinbündchen oder gesmokt (die Shorts werden aber normal gesäumt), mit Passe oder ohne ... dabei wird auch sehr detailliert darauf eingangen, was man dafür wo abschneiden und Nahtzugabe ergänzen muss; auch Passformänderungen werden beschrieben.
Die Bilder sind groß und klar, es wurde auch ein geeigneter Stoff verwendet (ich kriege ja immer die Krise, wenn auf Anleitungsfotos ein wild gemusterter, schwarzer oder überbelichteter weißer Stoff zu sehen ist und man nichts erkennt).
Wirklich vorbildlich! Gerade bei dieser etwas knifflig zu nähenden Hose bin ich für eine gute Anleitung sehr dankbar. Und ein detailliertes Inhaltsverzeichnis gibts auch noch ...
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Der obere Abschluss der Taschen ist schon originell!
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Bei den runden Gesäßtaschen werden zwei Alternativen vorgeschlagen: Komplett verstürzen oder die Oberkante verstürzen und die übrigen Kanten einschlagen, aber im letzteren Fall wird die Tasche dabei eckig (denn es ist ziemlich knifflig, Rundungen einzuschlagen, auch wenn es Techniken dafür gibt).
Ich habe mich daher für eine andere Möglichkeiten entschieden: Ein Beleg rundherum. Weil mir das aber zu spät eingefallen ist und ich den Beleg für die Oberkante schon angenäht hatte und nicht stückeln wollte, habe ich auf eine geniale Technik zurückgegriffen, die sonst eher für Applikationen verwendet wird: Das Verstürzen mit Vlieseline.
Das hat zwei Vorteile: Vlieseline ist sehr dünn und trägt kaum auf und dazu kann man sie nach dem Verstürzen festbügeln, sodass nichts lose rumflattert.
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Links: Vlieselinebeleg vorm Annähen. Rechts: Gewendet, abgesteppt und gebügelt.
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Ich habe also Vlieseline in doppelter Nahtzugabenbreite ausgeschnitten und ringsum auf der rechten Stoffseite angenäht, überlappend mit dem Beleg der oberen Kante.
Ganz wichtig: Die
Klebeseite der Vlieseline
zeigt nach oben! Sonst klebt die Tasche beim späteren Flachbügeln am Bügelbrett fest ...
Dann habe ich ordentlich die Ecken eingeschnitten (das Einschneiden der Rundungen erfolgreich vergessen, aber nun ja) und den Beleg verstürzt. Das ist etwas fummelig, weil mein Vlieselinestreifen recht schmal und die Vlieseline so dünn ist. Viele Stecknadeln helfen!
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Generell hätte ich auf den Fotos vielleicht mal das Shirt in den Bund stecken sollen ...
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Dabei habe ich darauf geachtet, dass die Vlieseline von der rechten Taschenseite nicht zu sehen ist, d.h. die Naht liegt nicht genau auf der Kante, sondern etwas auf der Innenseite. Sonst blitzt die weiße Farbe später hervor.
Schlau wäre es natürlich gewesen, farblich passende (z.B. schwarze) Vlieseline zu verwenden, aber darauf kann man so schlecht die Form aufzeichnen. Und vermutlich habe ich auch einfach nicht dran gedacht.
Die verstürzte Kante habe ich ringsherum abgesteppt und anschließend die Vlieseline festgebügelt, sodass der Beleg doppelt fixiert ist. Ohne Absteppen wäre es sehr mühsam, den schmalen Beleg festzubügeln (wenn man ihn mit Stecknadeln fixiert bügelt, kleben selbige ja fest) - man kann ihn natürlich auch einfach breiter machen.
Was soll ich sagen - ich bin ein Fan! Super Resteverwertung, schicke Details, bequem zu tragen. Wird vermutlich nicht die letzte Hibbelmors bleiben.
Schnitt: Jerseyhose "Hibbelmors" von Kystbarn, Gr. L
Material: Baumwolljersey "Painted Green" von Rebecca ReckArt, grünes Bündchen von Rebecca ReckArt
Änderungen: Gesäßtaschen ringsum mit Beleg versehen
Nachnähpotential: Durchaus!
Verlinkt beim MeMadeMittwoch.
Lg
Nria