Manchmal kaufe ich Stoffe etwas unüberlegt. Zum Beispiel Reststücke - sie sind reduziert und sie sehen so handlich und praktisch aus, da muss man doch einfach zugreifen!
Tja, man spart vielleicht Geld gegenüber dem Originalpreis, aber man sollte auch wissen, was man mit dem Stoff anfangen will ...
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... vielleicht eine schicke Jacke? |
Dieses Reststück Steppjersey von Lillestoff fand ich sehr verlockend. Aber ich war ziemlich ideenlos, was die Verwendung betrifft: Aus 55 cm Jersey kann man ein T-Shirt nähen, aber dafür ist der gefütterte und gesteppte Stoff nicht sehr geeignet, er ist recht dick und hat viel Stand. Er hätte einen guten Rock abgegeben, nur besitze ich bereits einen Rock aus dunkelblauem Steppjersey!
Da lag er nun, seit dem letzten April - bis mir wieder der Jackenschnitt "Holly" von Schnittchen (was für ein süßer Name!) über den Weg lief, den ich mir schon länger geistig notiert hatte. Mein Blick fiel auf den Steppjersey-Rest, ich sah, dass "Holly" auf der Schnittchen-Homepage gerade nur 2 € kostete - das muss Schicksal sein!
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Die blauen Knöpfe passen gut dazu. |
Erfreulich beim Schnittchen-Schnittmuster: Es gibt eine ausführliche Maßtabelle. Nicht nur Brust-Taille-Hüfte, wie bei 99% aller Schnittmusterhersteller (selbst Burda hat die Tabelle ziemlich kastriert), sondern alles Mögliche von Schulterbreite bis Taillenlänge ... super!
Nicht ganz so super: Im Schnitt ist 1 cm Nahtzugabe enthalten, aber die Info muss man sich erst aus dem Text der Anleitung rauspicken. Und da steht es zwischen Infos wie "Lege dir vorher alle Materialien zurecht" - was für Fortgeschrittene ja eher irrelevanter Text ist.
Es wäre doch nun wirklich kaum Mehraufwand gewesen, die Info auf den Schnitt zu drucken.
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Die gestückelten Ärmel fallen gar nicht so sehr auf! |
Der Torsoteil passte wirklich prima auf den Steppjersey - und der Oberkragen (Moment mal, ihr seht da gar keinen Kragen? Ja, das stimmt. Mehr dazu später ...) ging auch noch drauf! Als Kombipartner hatte ich einen Rest vom
Mrs. Klassik-Shirt aus petrolfarbenem Sweat vorgesehen - als ich ihn aus der Sweatrestetüte nahm und ausbreitete, musste ich aber feststellen, dass er nicht lang und schmal, sondern breit und kurz war. Mist!
Als ich den Ärmel aber um 5 cm gekürzt habe, passte der Schnitt in 2 Teilen doch noch drauf. Auch für die Kragenunterseite war noch Platz, wenn auch ebenfalls gestückelt. Dafür habe ich einen Stoffrest verwertet, mehr Platz in der Sweatrestetüte und keinen neuen Stoff gekauft!
An Vlieseinlage habe ich aber nicht gespart - der Jersey ist trotz der Absteppung dehnbar, was für Kragen und Beleg kontraproduktiv wäre. Auch entlang der vorderen Mitte habe ich einen Streifen Vlieseline gebügelt, sodass die Knopfleiste verstärkt ist.
Zusätzlich zur schriftlichen Anleitung, die akkurate Zeichnungen statt Fotos enthält, gibt es auch noch eine Videoanleitung - super! Da blieben wirklich keine Fragen mehr offen.
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Hinten etwas weit, aber das passt zum Collegejackenstil. |
Der Schnitt ist aber eher für Breitschultrige gedacht - ich habe insgesamt satte 6 cm Schulterbreite weggenommen und finde immer noch, dass die Schulter etwas zu weit außen sitzt.
Als ich den Kragen zwischen Jacke und Beleg angenäht habe, stellte ich aber schon fest, dass ein Beleg aus dünnem Stoff sinnvoller gewesen wäre: Gerade bei den Nahtzugaben stapelten sich da wirklich viele Lagen (und dazu besteht der verwendete Stoff in einer einzigen Lage ja bereits aus mehreren Schichten).
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Aus den Originalstoffen ist der Kragen schön, aus Steppjersey einfach zu dick. |
Meine Nähmaschine hat das aber ganz gut hingekriegt. Leider kam mir beim Anprobieren die Erkenntnis, dass generell ein dünner Stoff für den Kragen geeigneter gewesen wäre ... es sah einfach nicht so toll aus, wie ich's mir vorgestellt hatte. Ich glaube, bei einer hüftlangen Jacke fände ich es harmonischer; bei der Kurzjacke ist es einfach too much.
Außerdem - und das ist der ausschlaggebende Punkt - ist die Kragenansatznaht durch die vielen Stofflagen wirklich dick, unflexibel und drückt unbequem im Nacken.
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Das erschlägt die Jacke etwas ... lieber mit Collegekragen! |
Aber kein Problem - der Schnitt hat auch noch eine Collegekragenversion dabei. Da spare ich mir diverse Stofflagen und es fällt auch besser.
Hellgrauen Bündchenstoff hatte ich noch rumliegen, war mal bei einem Materialpaket dabei. Beim Saum fällt er etwas labberig; ich hätte vielleicht ein breites Gummi einziehen können, um das zu verhindern. Oder ein stabileres Bündchen verwenden, aber dieses hier hatte ich nunmal da.
Immerhin war der Steppjersey sehr dankbar beim Fixieren des Belegs mit Handstichen: Durch die vielen Lagen muss man nicht aufpassen, dass der Faden auf der Außenseite unsichtbar bleibt und das war wirklich schnell gemacht!
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Endlich eine Jacke, die eine gute Länge für Röcke hat! |
Und endlich hatte ich mal wieder Verwendung für meine KamSnaps! In Hellgrau hätten sie prima zum Bündchen gepasst, aber das sah mir zu klassisch aus, deshalb habe ich mich für welche in Taubenblau entschieden.
Fazit: Ein günstiges und praktisches Projekt - der Schnitt war auf 2 € reduziert und ich habe ausschließlich Reste und herumliegende Dinge verwendet. Mir gefällt der collegejackenähnliche Look, gerade durch die andersfarbigen Ärmel, aber an die Ärmel muss ich mich noch gewöhnen (die Naht im hinteren Drittel statt unter der Achsel und die Stückelungsnaht ergeben Nahtzugaben an ungewohnter Stelle). Die Anleitung finde ich jedenfalls prima!
Schnitt: Jacke Holly von Schnittchen Patterns, Variante mit spitzem Kragen, Gr. 38
Material: Steppjersey von Lillestoff, Wintersweat von dresowka.pl, Bündchen, KamSnaps
Änderungen: Ärmel um 5 cm gekürzt, Schultern um 3 cm pro Seite verschmälert
Nachnähpotential: Prinzipiell finde ich den Schnitt gut. Ist allerdings recht speziell. Aber falls ich nochmal Reste in ähnlicher Größe rumfliegen habe ...
Verlinkt beim
MeMadeMittwoch.
Lg
Nria